Prämienentlastung ist bitter nötig

Der Verband der Haus- und Kinderärztinnen mfe hat an seiner Delegiertenversammlung eine differenzierte Empfehlung abgegeben: ein klares Nein zur Kostenbremse und ein ebenso klares Ja zur Prämienentlastung. Wichtig: Die beiden Vorlagen dürfen nicht verwechselt werden. Sie haben völlig verschiedene Auswirkungen.

Die Last der Prämien drückt, immer mehr. Waren es 2010 noch fünf Prozent der Bevölkerung, die aus finanziellen Gründen auf einen Arztbesuch verzichtet haben, so sind es 2023 19 Prozent. Wenn fast ein Fünftel der Bevölkerung auf eine Abklärung oder Behandlung verzichtet, muss uns das zu denken geben. Um zu sparen, wählen die Menschen die höchste Franchise, haben im Krankheitsfall aber das Geld nicht, um diese zu bezahlen. Das führt nicht nur dazu, dass sie sich nicht melden, schlimmer noch, sie verzichten auf dringend nötige Folgekontrollen, oder holen ihre Medikamente nicht ab. Es sind nicht die Menschen, die wegen Bagatellen auf den Notfall gehen, sondern diejenigen, die es dringend nötig hätten, die auf Behandlungen verzichten.

Warum ist es so weit gekommen? Bei der Einführung des KVG hat man Kopfprämien eingeführt, völlig unsolidarisch, mit dem Versprechen, dass eine soziale Abfederung über die Prämienverbilligung geschieht. Kein Haushalt sollte mehr als 8 Prozent seines Einkommens für Prämien aufwenden müssen. Der kluge Rechner merkt rasch: Das waren weniger als die zehn Prozent der Initiative! Zu Beginn mussten Bund und Kantone gleich viel zahlen. Eine Revision hat es den Kantonen dann freigestellt, wie viel sie berappen. Mit dem Resultat, dass sicher die Hälfte der Kantone ihre Bevölkerung im Regen stehen lässt. Das ursprünglich abgegebene Versprechen wurde willentlich und wissentlich gebrochen, von denjenigen im Parlament, die sich als volksnah und bürgerlich bezeichnen.

Mit einem «Ja» zur Prämienentlastung wird das Versprechen, dass die Prämien sozialverträglich gestaltet werden müssen, wieder eingelöst. Für die Menschen, die es brauchen.

Dr. med. Philippe Luchsinger, Affoltern
Hausarzt und past Präsident mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

Leserbrief im Affolter Anzeiger vom 31. Mai 2024

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